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Über meine Gedichte

 

Zu aire:

Die Gedichte in aire interessieren sich für innere und äußere Umbrüche, disruptive oder allmähliche Veränderungen – für die dadurch ausgelöste spezifische Unruhe; für die allmähliche Integration von Sinneseindrücken, Gefühlen, Gedanken-und Erinnerungsspuren; und für deren Transformation zu neuen Erfahrungen. Die poetischen Prozesse, die sie entwickeln und denen sie sich aussetzen, sind Unternehmungen in unbekanntes oder instabiles Terrain. Reize und Eindrücke, die vertraut erscheinen, wandeln und entziehen sich, geraten aber nie ganz aus dem Blick. Die Gedichte durchwandern Lichtungen und Wüstungen der Erfahrung, ikonische Bildschichten, stoßen auf Schamquellen, stellen sich Verlusten, trotzen dem Unbewussten neues Gebiet ab – und setzen auf die Erfahrung erweiternde und transformierende Kraft der Kunst.

aire erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2021. 

 
















Stimmen zu SOMA:

Sigmund Freud liebte Reisen zu antiken Ausgrabungsorten, verglich die Erinnerungsarbeit der Psychoanalyse mit Archäologie, als wären Erinnerungen Bruchstücke, die sich aus der Asche realer innerer Begebenheiten bergen und wieder zusammensetzen ließen. Der Selbstversuch jedoch zeigt, dass Erinnerungen außerdem – von Phantasien durchwuchert, Fermentierungsprozessen unterworfen, durch Deutungen neu sortiert – eigenständige innere Akteure sind, traumgleich, verdichtet. Was geschieht, wenn diese Erinnerungsprozesse im Gedicht fortgeschrieben werden? Die Frau mit den Kuckuckshänden taucht auf, begleitet Sie. Kleine Blätter fallen aus dem Licht über den Baumstümpfen. Geister von Ponys wissen den Weg. Früher oder später gelangen Sie in eine Stadt aus Mörtel, der Sie umarmt (ein antikes Werkzeug der Bindungstheorie), mindestens aber über die Alpen.  

(kookbooks)

„Bei aller Lust an Bewegung finden sich auch leuchtende Bilder: Steine, die wie Mönche aussehen, oder Pupillen als «winzige nächte / unterbrochen von blinzeln». Nach einem Gang über die Alpen und einer Trümmersuche in Rom enden die Gedichte am Meer. Im dauernden Strömen des Wassers scheint auch die Angst auf, alles könnte nur Schaum sein. Aber eine der wundersamen Figuren weiss es besser: «schaut her, hier kommt die poison queen! ihre kinder tragen / mückenschwärme im herzen, wie sie das schafft? das ist kunst!»“

(Nico Bleutge, NZZ)

„Das Meer und damit das Fluide, Flüssige, nicht Fixierbare spielt ebenso eine symbolische Rolle wie das Bild der Ausgrabung, das die Autorin dezidiert auf Sigmund Freud zurück führt, der die Erinnerungsarbeit mit der archäologischen Ausgrabung verglichen hat.

Freud war seinerzeit allerdings davon überzeugt, dass die Erinnerung sich wieder zu einem Ganzen kitten lässt. Birgit Kreipe verneint eben dies und spielt so bewusst wie kreativ damit, dass aus der Evokation des Verdrängten etwas Neues, eine eigene Sprache entsteht.

Ihre Gedichte erinnern deshalb nicht zuletzt daran, was Sprache – allemal die poetische – kann: Sie ist im besten Sinne Re-Volte, also Rückkehr zu den Ursprüngen, doch ohne den Anspruch, dort je wieder anzukommen. „wären die alpen doch wolken geblieben“, lautet der Stoßseufzer in „über die alpen“. Aus eben dieser Paradoxie beziehen Birgit Kreipes Gedichte in „soma“ ihre so dunkle wie leuchtende Strahlkraft.“

(Claudia Kramatschek, Deutschlandfunk)

Über das Leben im Kinderheim hat man wohl selten so eindringlich und bildprächtig gelesen. Gesellschaftliche Verwerfungen zeigen ihre Gewalt zuerst an den Schwächsten, aber für Sentimentalitäten ist hier kein Platz. Oszillierende Erscheinungen von verstörender Schönheit geistern durch das Heim, Kinderkobras, Monstererkältungen, ein vergessliches Stiefkind, ein leuchtendes Lieblingskind, Kinder mit Mückenschwärmen im Herzen. Soma, das griechische Wort für Körper, scheint in diesem Gedichtband eine Engführung von Traum und Trauma. Als Gegenbegriff zur Seele ist soma dennoch der Schauplatz, an dem sich die Seelenbewegungen abspielen. In ihren Gedichtkörpern versucht Birgit Kreipe, Eindrücke in ihrem vorbewussten Zustand zu erfassen, jedenfalls an einem Punkt, an dem sie noch nicht die Filter der Alltagsmentalität erreicht haben und konventionell geworden sind. So entstehen Verse, die in ihren Wendungen, Brüchen und Berührungen völlig überraschend sind und doch einleuchtend, ja geheimnisvoll vertraut.

(Marion Poschmann, Lyrik-Empfehlungen 2017)

zu "schönheitsfarm":

„Birgit Kreipes Texte sind für mich ein stilles Highlight. So überbordend und spleenig ihre Sprache auf der einen Seite ist, so zurückhaltend und reflektiert ist sie auf der anderen“.

(Armin Steigenberger, ostragehege)

 

"Das Sein dieser Gedichte erscheint wie im Kalei­doskop geschüttelt. Semantische Gewagtheiten über­spielen ein vertrü­geri­schtes Geläuf. Es ist die Art von Poesie, die es darauf anlegt, nicht austariert zu sein. Zwischen all den Geheimnissen dieser Autorin ist wirklich Geheimnis. Ein Geheimnis, das uns bisweilen den Schön­heitsarm reicht."

(Ron Winkler, Poetenladen)